Drei Fragen an: Unseren Energieexperten Werner Ressing

30.03.2022

In der Rubrik „Drei Fragen an:“ stehen unsere Experten aus dem Partnernetzwerk der Republic Affairs® zu aktuellen Anlässen Rede und Antwort. Heute geht es vor dem Hintergrund der durch den russischen Angriff auf die Ukraine verursachten Energiekrise um die Stichworte Erdgas, Klimawandel und Wasserstoff. Unser Partner Werner Ressing, Ministerialdirektor a.D., war als Abteilungsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie viele Jahre lang für genau diesen Themenkomplex verantwortlich.

Frage 1: Kann Wasserstoff russisches Erdgas ersetzen?

Werner Ressing: Theoretisch ja, praktisch wird es an der Wasserstoff-Menge, die Deutschland selbst produzieren kann, und den hohen Kosten scheitern. Um über Grünstrom und Elektrolyse die 473 Terawattstunden russischer Gasimporte 1:1 durch Wasserstoff zu ersetzen, wären 180.000 Megawatt Leistung an Offshore-Windkapazität bei 4.000 Stunden nötig. Zum Vergleich: Die derzeitige Offshore-Kapazität liegt bei 7.700 Megawatt und das Offshore-Ausbauziel der jetzigen Bundesregierung bei 40.000 Megawatt bis 2035. Es kann also nur eine Energie-Kombilösung funktionieren.

Frage 2: Kann Wasserstoff den Klimawandel stoppen? Stichwort Klimaneutralität bis 2045.

Wasserstoff wird zwar ein wesentlicher Pfeiler der Klimaneutralität sein, aber nicht der einzige. Wasserstoff ist speicherfähig und wird so auch eine wichtige Ausgleichsfunktion während der Dunkelflaute übernehmen müssen. Für die globale Klimaneutralität wird man auf Kernenergie und CCS nicht verzichten können, auch wenn das nicht gerne offen kommuniziert wird. Neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien müssen weitere begleitende Maßnahmen wie die Verhinderung von Methan-Lecks, Effizienzverbesserungen und Energieeinsparung kommen.

Frage 3: Sehen Sie Deutschland und die EU bereits als Vorreiter in Sachen Wasserstoff?

Aktuell gibt es für mich gerade keinen Vorreiter. Es ist ein globales Thema und der Wettbewerb läuft. Deutschland könnte mit den richtigen Rahmenbedingungen Vorreiter werden. Aber aktuell ist grüner Wasserstoff noch dreimal so teuer wie grauer Wasserstoff. Wir brauchen neben direkten Zuschüssen, wesentliche Verbesserungen der Rahmenbedingungen, wie Abgabenbefreiungen und weitere Instrumente, wie OPEx-Förderung und/oder Differenzverträge (CFD), um grünen Wasserstoff konkurrenzfähig produzieren zu können.